Quelle des Beitragsbildes: WikiCommons Jean Luc Ourlin https://www.flickr.com/photos/52489759@N00
Bald nach der ersten Begegnung von Gibbons und Townsend begann die Steve Gibbons Band als Vorband für The Who, die damals einer der begehrtesten Live-Acts der gesamten internationalen Szene waren, aufzutreten.

Dadurch erweiterte sich der Horizont erheblich. Spanien mit den Dominettes sowie Deutschland und Skandinavien mit den Ugly`s mögen interessant gewesen sein. Im Windschatten der Who gelang man jedoch als Support Act der Sprung über den Großen Teich.
The Who – Damals die Livegruppe schlechthin
The Who waren damals die Livegruppe schlechthin.


Bildquelle: links: By bigdrumtrump – https://www.flickr.com/photos/bigdrumthump/2430052258/, CC BY 2.0; rechts: By Frank Kovalchek from Anchorage, Alaska, USA – Stuff from The Who, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=33732668
In der BBC- Dokumentation „For One Night Only – The Who Live At Leeds“ ist von einer „transzendenten“ Beziehung zwischen den Musikern der Band die Rede, die es erlaubte, spontan auf die Improvisationen der anderen zu reagieren. Und da sie als eine der ersten Bands eine eigene PA-Anlage hatten, kam die Energie auch beim Publikum an. Zumindest wenn man der besagten BBC-Reportage Glauben schenkt, übertrumpften sie damit sogar Bands wie Led Zeppelin, die zumindest zum damaligen Zeitpunkt aufgrund ihrer kleinen und jeweils geliehenen Verstärkeranlagen bei ihren Konzerten eher enttäuschten. The Who sollte das auf der Tour 1975/76 nicht passieren: Ihre neue Verstärkeranlage leistete bei Open-Air-Konzerten 76.000 Watt, in Hallen immerhin noch 56.000 Watt.
Als Vorgruppe von The Who aufzutreten war also nicht gefahrlos! Zwar wurde man so bekannter, aber es bestand jedoch auch die Gefahr, unterzugehen und vom Publikum, das nur auf die Hauptgruppe wartete, ignoriert oder als Langweiler wahrgenommen zu werden.
„Mike The Who„, laut Selbstbeschreibung „a Dublin music fan, singer, songwriter, guitar enthusiast and DJ, presenter and producer of the ever popular Saturday Afternoon Classic Rock Show on Dublin City FM for many years. Mik The Who, nicknamed as such, due to his Who patches and badges adorning his patchouli perfumed denim clad fan traveling threads“ erinnert auf seiner Homepage, daran, dass sie Who-Fans keine üblichen Musifans sind, sondern especially famous for their devotion, dedication, and support for the proud heritage of The Who.
Deshalb „ging“ man damals nicht zu einem Who-Konzert, sondern man pilgerte dorthin. Er beschreibt die Gefühle auf dem Weg zu seinem ersten Who-Konzert so:
This was my pilgrimage to Lourdes, being swept along amidst a sea of similar like minded fans on their way to pay homage to these gods of live rock music.
In einer solchen Situation kann es für eine Vorguppe ziemlich böse enden, wenn es einem nicht gelingt, das Publikum zu begeistern.
Pete Townsend zerstört wieder einmal seine Gitarre. Bildquelle Pete Townsend in Hamburg 1972: Quelle des Beitragsbildes: Heinrich Klaffs – https://www.flickr.com/photos/heiner1947
Das umso mehr als The Who außer packender Musik auch eine einmalige Show im Angebot hatte:
- windmühlenartige geschlagene Gitarren,
- die am Ende der Show schon einmal, ebenso wie das Schlagzeug zu Bruch gingen, gab es da ebenso wie
- einen charismatischen Sänger, der seine Arme theatralisch ausbreitete, was ihn durch die Fransen an den Ärmeln seiner Lederjacke aussehen ließ wie einen Engel kurz vor dem Abheben,
- einen Gitarristen, der nebenbei Hochsprungrekorde aufstellte,
- nd – als Kontrast dazu – einen stoisch wirkenden Bassisten, der sich keinen Millimeter bewegte, auch wenn seine Mitmusiker sich wie die Berserker gebärdeten.Bildquelle: Wikimedia Jean-Luc Ourlin – https://www.flickr.com/photos/jlacpo/4570383/
Bildquelle: WikiCommons Jean Luc Ourlin https://www.flickr.com/photos/52489759@N00
Kein Wunder also, dass die Tournee der Who unter dem nicht eben bescheidenen Motto „The Greatest Rock`n`Roll Band In The World“ angekündigt wurde.
Rock-David tritt vor Goliath auf
Die ersten Konzerte fanden ab 3. Oktober 1975 im Großbritannien statt. Aus den Berichten dazu wird deutlich, dass es der Steve Gibbons Band nicht leicht gemacht wurde, sich als „nobody“ vor dem Auftritt der „Götter“ Gehör zu verschaffen:
Wednesday October 15th 1975 at the Glasgow Apollo theatre, with support from the Steve Gibbons Band. It’s a night that I’ll remember as long as I live. The Greatest Rock n Roll band in the world LIVE right in front of my eyes. I still get goosebumps. Phew !! I’ve seen them many times since, in many different line-ups, always exciting, always giving their all. But that first time…
Noch im selben Jahr folgten einige Konzerte in Deutschland, darunter zwei in Stuttgart, nämlich am 2. und 3. November 1975 in der Messehalle. Von dem ersten der beiden gibtes auch ein Bootleg vom Auftritt von The Who.
Noch immer ohne eigene Platte im Gepäck ging man dann im Frühjahr 1976 mit auf eine große USA-Tour „from Coast to Coast“.
Dort war alles eine bis zwei Nummern größer als in Europa: Dort spielte man vor Massen von bis zu 80.000 Zuhörern. Und das kleinste Konzert besuchten immerhin noch 12.000 Fans.
Die verflixte Technik
Trotz dieser beeindruckenden Besucherzahlen waren die äußerlichen Rahmenbedingungen nicht immer gut. Und so wurde einem der Anfang in den USA auch wegen technischer Widrigkeiten nicht leicht gemacht.
Am 30. März schrieb die Zeitung „Oregonian“ über das Konzert in Portland am 24. März, das im Vorverkauf die damals stattliche Summe von 8,50 $ kostetet, dass dabei das Soundsystem (aber offensichtlich auch The Who) geschwächelt hätten:
The Who concert last week was a good one but not without problems. Peter Townshend and Keith Moon seemed to be having some hasles of their own out of eye contact with most of the audience on the back of the large stage. Roger Daltrey was visibly either very ill or very upset; it turned around later that he was suffering from possible flu symptoms.
And the sound system was a little too soft for both bands. It was a new setup, according to Peter Meaden, manager of the Steve Gibbons Band, and seemed to put a damper on some of the music. Gibbons was irritated with the sound his band was producing, although the first couple of rhythm and blues-early rock and roll songs came off nicely.
Gibbons said after the show that the system took away some of the gutsiness and power his group needs to get its music across.
The lightning for the concert was superb, however especially the multicolored and multibeamed laser lights that coveres the Coliseum on several tunes. It was a beautiful and dramatic effect.
Zugaben im Hexenkessel
Die Konzerthallen dort müssen einen wahren Hexenkessel geglichen haben.

Bei den Fan Reviews auf www.thewholive.net schreibt ein gewisser Mark Closkey zu einem der beiden Konzerte im Winterland in San Francisco 1976:
…. People had been waiting days camped outside Winterland to be able to get up front. There was a commotion at the front of the line, and all of a sudden, WHOOSH! everyone was running thinking the doors were opening. ….. Spooky to think what happened in Cincinnati 1979 could have happened here.
Zur Erinnerung: In Cincinneti starben 1979 elf Besucher eines Konzerts von The Who, weil es beim Ansturm in die Halle zu einer Stampede gekommen war, weil für fast 19.000 Besucher nur zwei Eingangstore geöffnet worden waren.
Weiter beschreibt der Besucher die Athmosphäre so:
Once inside, the hype and anticipation of 5500 lucky ticket holders made the hair stand up on the back of my neck. When The Who came out, the entire crowd not only stood, but began jumping up and down and screaming. The show was fantastic, Moon was in control of his substances, and the band just killed on every song. ….I don’t think I’ve ever seen a show like it since.
Es war sicher keine leichte Aufgabe für die Steve Gibbons Band, sich in einer solchen Athmosphäre als Vorgruppe zu behaupten. Da man auf den Karten nur namenlos als „support“ angekündigt wurde, dürfte zudem kaum ein Zuhörer vorher Gelegenheit gehabt haben, sich zu informieren, wer einen da als „Anheizer“ erwartete. Da half es vermutlich auch wenig, dass die Steve Gibbons Band immerhin auch dem Billboard an der Halle namentlich angekündigt wurde.


Bildquellen linkes Bild: Von Center of the Universe – Windmill!, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2246163, rechte Bilder: Wikicommons, Jean-Luc Ourlin – https://www.flickr.com/photos/jlacpo/4570383/
Übrigens waren trotz der knappen Konzertkarten nicht alle Zuhörer The-Who-Experten. So erinnert sich ein gewisser Dan Cooper in einer Fanreview:
A girl next to us said during the opening of Pinball Wizard, „Oh!!! They’re playing an Elton John song!!!“
Scheinbar konnte die Steve Gibbons Band aber, bei Musikexperten und solchen, die The Who– und Elton John-Songs nicht unterscheiden konnten, gleichermaßen, das Eis brechen. Steve Gibbons erinnert sich:
Für uns lief es eigentlich fast immer sehr gut. Zwei Zugaben spielen zu müssen sind schon etwas, wenn man die Vorgruppe ist und der Hauptact “The Who” heißt.
Und weiter meint er:
Als wir dann aber dort (in den USA) spielten, war alles o.k. Wir kamen sogar sehr gut bei dem amerikanischen Publikum an.
Und auch die Konzertgänger bestätigen diesen Eindruck. Einer von ihnen erinnert sich noch Jahrzehnte später:
I saw The Steve Gibbons Band supporting The Who in Leicester in 75. They were terrific.
Und die spätere stellvertretende Herausgeberin der britischen Ausgabe von „Sounds“ Barbara Charone fasst das Ergebnis der US-Tour mit The Who so zusammen
Since touring with the Who in October of `74, the Steve Gibbons Band have changed radicially. No longer hestitant to work a big stage, they now perform with the confident professionalism of a headline act. Their stage presence and musical finesse is impressive.
Die Touren mit The Who hatten die Steve Gibbons Band also ein ganzes Stück weitergebracht!
Paris im Mondschein der besonderen Art
Am Ende der ausgedehnten Tourneen, wieder in Europa, wurde ihr bei einem Konzert allerdings auf ebenso originelle wie plastische Weise deutlich gemacht, dass manche Zuhörer keine Lust auf irgendwelche Vorgruppen hatten. Dies geschah ausgerechnet in einer Stadt, in der man vollendetere Umgangsformen erwartet hätte, nämlich in Paris.
Ein Zuhörer beschreibt das, was sich dort ereignete, so:
I saw the Steve Gibbons Band open for The Who in the fall of ’75. The concert was in Paris and it took place in a livestock pavilion with straw on the floor and bleachers on the sides. The SG Band was very good, but Parisian audiences had little tolerance for opening acts. Men on the general admission floor were routinely pulling down their trousers and shooting the moon a the stage. And I’m not talking about a few guys… I’ll bet 40 or 50 people did that. It was pretty funny.
Das Publikum war also nicht nur reichlich desinteressiert an der Vorgruppe, sondern vor der Bühne ließen etwa fünfzig Männer die Hosen herunter und präsentierten der Steve Gibbons Band ihre blanken Hintern. Was die Band jedoch nicht hinderte, ihr Set professionell zu Ende zu bringen.
Auch Jahrzehnte nach diesem Vorfall erinnert sich Steve noch an dieses Ereignis. Allerdings sieht der die Gründe für dieses Verhalten weniger in einem „Attraktivitätsgefälle“ zwischen Vor- und Hauptgruppe als in der britischen Bühnendekoration, die die stolzen Franzosen gestört haben könnte: Er erinnert sich:
Nur in Paris lief es nicht so gut. Wir spielten dort zwei Abende in einer Markthalle, die man für diese Konzerte als Konzerthalle umgebaut hatte. Zu unserer Bühnenshow gehörte ein Union Jack. Ich weiß nicht, ob es daran lang. Jedenfalls wurden wir aus dem Publikum mit allerlei Dingen beworfen.
Intrigen und Exzesse Backstage
Auf Englisch nennt man die Präsentation des eigenen Hinterteils übrigens „to show the moon“, also: „den Mond zeigen“.
Möglicherweise verlangte ein anderer Mond/Moon jedoch von der Steve Gibbons Band – wie von allen anderen, die an der Tournee beteiligt waren – mehr stoische Gelassenheit als die Pariser Popos vor der Bühne. Die damalige US-Tour war schließlich letzte der Who mit Keith Moon am Schlagzeug. Sicher gäbe es von der Zeit on the road mit The Who schon alleine wegen dieses genialen Schlagzeuger, der aber auch ein Chaot, möglicherweise sogar ein Paranoiker, und sicher irgendwo auch eine arme Wurst war, viel zu erzählen!
Und auch ansonsten muss sich hinter der Bühne und in den Tour-Hotels damals einiges ereignet haben. Einen gewissen Einblick gibt der zweite Band des dreiteiligen Werkes von Christoph Geisselhart „Maximum Rock – The Who Die Geschichte der verücktesten Rockband der Welt Band 2: 1971 bis 1978“. Da ist davon die Rede,
- dass die The Who Steuerschulden hat, die sie nicht begleichen kann, weil ihr Ex-Manager Kit Lambert wegen Vertragsstreitigkeiten die Tantiemen aus den Plattenverkäufen zurückhält,
- von einem Pete Townsend, der eigentlich keine Lust auf die Tour hat und Roger Daltrey die Führung auf der Bühne überlässt,
- von Plastikflaschen am Mikroständer, aus denen sich John Entwistle während der Konzerte über einen Trinkhalm Weißwein und Brandy zuführte, und
- einem Keith Moon, der von einer Eskapade zur nächsten eilte, ob er nun darauf bestand, nackt mit dem Flugzeug zu fliegen, oder
- am Flughafen einen Buchungscomputer als Schlagzeug mißbrauchte und so zerstörte.
- Worauf er bei vielen Airlines Beförderunsgverbot erhielt.
- In Folge dessen musste man ungefähr dreihunderttausend Pfund für Privatjets ausgeben, um die Tour wie geplant durchführen zu können.
- Dieser Betrag kam noch auf den Schadensersatz für demolierte Hotelzimmer drauf.
Moon, der bei dieser Tour – zusätzlich zur Einnahme anderer Substanzen, die er schon länger praktizierte – auch noch das Koksen anfing, wurde dabei übrigens vom Manager der Steve Gibbons Band Peter Maeden (der wenige Jahre danach an Drogenmißbrauch sterben sollte) tatkräftig unterstützt.
Die Steve Gibbons Band dürfte viel über diese Vorgänge erzählen können und hätte sicher noch die eine oder andere unbekannte Anekdote parat!
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