Ex-Bandkollege Dave Scott Morgan mit neuer CD

In Birmingham gibt es zahlreiche Kanäle, die vor der Erfindung der Eisenbahn als Transportwege für die Industrie dienten. Deshalb gibt es in Birmingham viel Wasser. Wir fragen uns langsam, ob es dort irgendwo auch einen Jungbrunnen gibt. Einer der Gründe hierfür ist, Dave Scott Morgan, der mit Steve Gibbons bei The Ugly`s und den Balls gespielt, den Hit „Hiroshima“ verfasst und Jahre lang beim Electric Light Orchester (ELO) gespielt hat, und dessen stetiger Output also Solokünstler und mit seiner Band “MOrgansiation” (Dave Scott-Morgan, Alex Lowe, Mandy Scott-Morgan).

Im Jahr 2018 hat er  mit „Highlands“ eine Art Konzeptalbum über das schottische Hochland , im Jahr danach dann die CD “7”

vorgelegt. Im selben Jahr erfolgte die konzertante Aufführung

des Albums „Earthrise“,

https://en.wikipedia.org/wiki/Earthrise_(album), das er im Jahre 1984 zusammen mit Rick Tandy,  seinem Bandkollegen bei The Ugly`s und ELO, herausgebracht hatte. Kurz danach, 2020, erschien dann mit „Made in Britain“ eine Scheibe mit Beatlesque Pop.  Mit „Signz“

legte er im Jahr 2022 ein weiteres Werk, auf dem kritische, mitunter auch pessimistische Betrachtungen zum Stand der Dinge in der Welt und zur Zukunft vorherrschten, vor. Darüber hinaus betreute er verschiedene Releases früherer Veröffentlichungen. Seit 2023 sendet er darüber hinaus  wöchentlich jeden Donnerstag um 19:00 Uhr (MEZ 20:00 Uhr) Einblicke in seine Songwerkstatt und Rückblicke in seine musikalische Vergangenheit.

 Und nun ist bereits seine nächste CD, die ausschließlich Eigenkompositionen aus seiner eigenen Feder enthält, im Endstadium der Bearbeitung und wird wohl noch vor seinem nächsten Geburtstag am 19. August erscheinen wird. Keine schlechte Leistung. Schließlich wird das sein 82. Wiegenfest sein!

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Dave Scott Morgan hat ein großes Herz für alle, die neue Songs von ihm hören wollen

Wir haben Dave Scott Morgan in Birmingham besucht und mit ihm über sein kommendes Werk, von dem und auch eine Vorversion vorliegt, gesprochen.

Die Scheibe trägt gegenwärtig den Arbeitstitel „Citizen Zero“, also „Bürger null“. Allerdings, so Dave, kann sich dies noch ändern. Außerdem könnte zur bisherigen elf  Songs umfassende Setlist möglicherweise noch ein weiteres Lied dazu kommen.
Die Platte beginnt optimistisch, mit „Mrs. M“ (gemeint ist vermutlich Mandy, seine Frau), bei dem Scott Morgan an die gute alte Kultur des Briefeschreibens erinnert, einem fröhlichen Liebeslied mit ELO-artigen Interludes

Dann gewinnt die CD mit „Dockland Light“,  einem unserer Lieblingssongs von diesem Album, an Tempo. Über einem soliden ostinaten Rhythmus,  der an eine mächtig voranstrebende Dampflok, wird eine abendliche Fahrt mit dem Dockland Railway beschrieben. Das ist vielleicht etwas widersprüchlich, da die Dockland Light Railway eigentlich eine moderne führerlose Hochbahn ist, die unserer Erinnerung nach relativ geräuschlos verkehrt. Dem musikalischen Vergnügen tut dies jedoch keinen Abbruch!

Lebensbejahend geht es mit „Love’s Gonna Get Yo“ weiter, dessen Rhythmusgitarren- Begleitung uns irgendwie an Albert Hammond und seinen Song „Free Electric Band“ erinnert.

Danach ist erstmal Ausschnaufen angesagt: Nach einem gefühlvollen Klavierintro setzt Scott Morgan eine weitere Variante seiner Stimme ein. Während in den ersten drei  Songs kräftig zupackende Vokalparts nach vorne weisen, verführt einen  in „Okay“ eine Schmeichelstimme dazu, sich zurückzulehnen.

Verspielt, aber dynamisch, geht es mit „The Law of Motion“ weiter. „Always on the Go“ heißt es da. Eine Reflexion über das moderne Leben. „Peoples go, places stay“ wird zum Schluss festgestellt. Nichts bleibt, wie es ist: „Panta Rei“ auf britisch.

Musikalisch straighter geht es thematisch verwandt weiter: „Things (That Happen To You) ist die ideale Aufbautherapie, wenn man mal wieder mit den Widrigkeiten des Alltags kämpft. Die erdige Stimme von Scott Morgan vermittelt einem, das man nicht der einzige ist, dem es so geht und bei den Gitarrenparts über den stetig voranschreitenden Rhythmus gerät man in Aufbruchsstimmung. Sollten wir ein Mixtape zum Thema „Neuanfang“ zusammenstellen müssen, dann würden wir dieses Lied zwischen „Ballad of Beacon“ von Wishbone Ash und „Schon morgen“ von Hannes Wader platzieren.

Der folgende Song „Kafka & Orwell“ ist auch eine Brücke zum Vorgängeralbum „Signz“ mit seinen Dystopien. „Kafka and Orwell, this is your song, Yes, it`s true/You were right I was wrong/ Well look around, the future has come and it is true, you were right I was wrong”. Die resignierte, aber im musikalischen Gewand nicht tiefdepressive Bankrotterklärung eines Optimisten.

Dunkle Töne und Resignation klingen auch bei „Crime of the Century“ an, einem Stück in dem es musikalisch folkig wird und in dem eine schöne mäandernde Leadgitarre im Hintergrund einen in trügerischer Sicherheit wiegt.

Mit einem schönes Gitarren-Intro über karibischen Gesang beginnt „No more lies“ einem weiteren Aufbruchlied, dieses Mal mit südlichem Flair. Eigentlich sollte man hinaus in die Welt, on the road die Schmähungen und Falschheit des bisherigen Aufenthaltsortes hinter sich lassen. Wer nachdem er dieses Lied angehört hat, nicht wenigsten für eine Runde Spazierengehen rausgeht, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen! Jedoch auch hier deutliche Warnungen und Gefahren, die drohen. „Überall werden rote Ampeln überschritten“ heißt es zum Beispiel. 

„Wonderland“ wurde schon vorab im Internet veröffentlicht

Deshalb wird man annehmen können, dass es Scott Morgan besonders wichtig ist. Es beginnt wie ein echter Rocker mit packendem Gitarrenriff, um dann mit spärlichen begleitendem kontemplatives Gesang  fortzusetzen und später wiederholt anzuschwellen und abzusinken. Eine kleine Minioper, die mit der skandierten Parole „Own nothing, be happy“ endet. Ob dieses Wunderland das gelobte Land des Sängers ist oder eher davor gewarnt wird, muss jeder beim Anhören für sich selbst entscheiden.

Die CD schließt mit “The first day of Forever”, in dem sich Scott Morgan selbst zitiert, in dem er den religiösen Refrain „ When I lay my head down tonight, when I say may prayers to the Lord” aus seinem Nachruf an Elisabeth II

kurzerhand nochmals verwendet.

Dieses Album ist leichter und poppiger als das Vorgängeralbum „Signz“. Deshalb haben wir Zweifel, ob der Titel „Citizen Zero“ wirklich passend wäre. (Wenn damit nicht unser aller Urvater Adam gemeint sein sollte. Das würde zwar einen gewissen Sinn machen, hätte aber keinen Bezug zum Inhalt des Albums hat). Für uns schwingt in „Citizen Zero“ nämlich ein Pessimismus an, der sich mit dem Inhalt des Albums nicht deckt.

Der Song, der möglicherweise die bisherige Auswahl noch ergänzen soll, ist „Song for Stan“. Hier fragt sich Dave, wie er in die bisherige Folge der Lieder passen würde ich werde jedoch schade, wenn dieser Song, die man sich auch jetzt schon auf Youtube anhören kann, nicht auf das Album käme. Er handelt nämlich vom russischen Offizier Stanislav Petrov, der am 26 September 1983 einen Fehlalarm des sowjetischen Frühwarnsystems als solchen erkannte und sich deshalb weigerte, sowjetische Atomraketen zu starten. Womit er seine Vorschriften verletzt – aber uns allen vermutlich das Leben gerettet hat, weil er einen Atomkrieg zwischen den Supermächten verhinderte.

Damit erinnert dieser Song auch daran, dass es auch in Rußland mutige Menschen gibt, die für das Ideal einer friedlichen Welt Risiken eingehen. Keine unwichtige Information in dieser Zeit, in der Konfrontation im Vordergrund steht und wir langsam wieder Angst bekommen müssen, dass es in naher Zukunft auf diesem Planeten zero citizens geben könnte.

Das nächste Album von Dave Scott Morgan und seiner MOrganisation ist wiederum hörenswert. Wir warten bereits, was als nächstes kommt, im 83. Lebensjahr von Dave!

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