Uli Twelker zu „Chasing Tales“: Entspanntes Alterswerk voll Augenzwinkern, Schmunzeln und Fingerschnippen

STEVE GIBBONS BAND CHASING TALES

Viele kennen und schätzen die Steve Gibbons Band noch aus ihrer härteren R&B-Zeit: als Vorheizer der Who Ende der Siebziger Jahre, und als große Rockpalast-Abräumer (ihr legendärer Auftritt im Berliner Metropol von 1981 wurde 30 Jahre nach dem Event endlich als CD und DVD veröffentlicht.) Später kam ein entspannter, J.-J.-Cale-esker Swing hinzu – lakonisch-ironisch und dabei stets höchst unterhaltsam.

Nebenbei glänzte der Birminghammer „Brummie“-Lad als jene Kehle, welche Robert Zimmermann im Zweifel besser zu singen verstand als Bob selbst, nicht zuletzt beim Dylan Project: Dabei Leib- und Magengitarrist P.J. Wright und Mitglieder von Fairport Convention. Stets war Gibbons ein entwaffnender Storyteller: das macht CHASING TALES (= Verfolgungsgeschichten) zwischen Swing, Calypso, Beat und Folkrock so willkommen. Es ist Gibbons´ erste „LP“ mit neuem Material seit STAINED GLASS 1995.

Wer kann derart verkatert aufwachen wie Steve in einer seiner vertonten Kurzgeschichten, „Where Was I Last Night?“, darin kurz „Shakin´ All Over“ zitieren und humorvoll im lockeren Boogie Woogie verharren? Wer vermag 40er-Jahre-Detektiv-Szenarien zwischen Dashiell Hammett und Raymond Chandler, „The Chase“ und „Bad Day At The Office“, literarisch so elegant auszuschmücken (alle Texte sind im Booklet abgedruckt) und kann dabei gleichzeitig so wundervoll Country-haft Pub-rocken?

Wir erhalten packende Liebesgeschichten, lernen dabei „Velda“ kennen, oder die heiße Lady mit dem Zimmer über dem Musikladen und dem kaputten Hifi,(Anspieltipp!), die Steve notgedrungen „Jazz“ nennt, weil er ihren Namen nicht aufschnappen konnte. Nebenbei tritt Gibbons auch wieder einmal in die Fußstapfen eines Harry Belafonte, wenn er seine Underdog-Philosophie „Limbo No More“ karibisch aufheizt und neben vielen Clubs auch so manches Wohnzimmer – und hoffentlich das eine oder andere Festivalgelände – zum Tanzen bringt.

An seiner Seite agiert die erfahrene Roadband mit Piano- und Akkordeon-Taster Phil Bond, Gitarrist und Fiddler Howard Gregory, Bassist Johnny Caswell und Drummer Howard Smith, die allesamt auch Backing Vocals beitragen. In Gastrollen erscheinen alte Bekannte wie Roger Innis, Bassist aus der SGB der 80er, sowie der heutige Andy-Fairweather-Low-Saxophonist Nick Pentelow, der bereits auf Gibbons´ Alben DOWN IN THE BUNKER (1978) und SAINTS & SINNERS (1981) beseelt geblasen hatte. Ein entspanntes Alterswerk voll Augenzwinkern, Schmunzeln und Fingerschnippen. (RGF Records, 12/48:27)

 

Uli Twelker ist Schlagzeuger und Musikjournalist. Der obige Beitrag wurde erstveröffentlicht in der Zeitschrift Good Times – Music from the 60s to the 80s“ Nr. 3/2009.  Wir danken Uli Twelker für die Genehmigung, ihn hier veröffentlichen zu dürfen.

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